Meine Zukunft in Deutschland beginnt – jetzt!

Riesen Erfolg und großer Ansturm bei beruflicher Integrationsveranstaltung für Frauen mit Migrationsgeschichte im Rathaus Königswinter

 

Gerechnet hatte die Organisatorin der Stabsstelle Integration & ehrenamtliche Flüchtlinge, Sabine Bembenek, mit circa 20 bis maximal 50 Gästen im Rathaus Königswinter. Doch die Veranstaltung war noch lange nicht eröffnet, da standen schon die ersten Damen vor den Türen. Letztendlich kamen 114 Frauen aus 16 unterschiedlichen Ländern, um für sich Bewerbungen Lebensläufe und Passbilder erstellen zu lassen, und sich bei den 13 Ausstellern Informationen, Ratschläge und Hilfe zu holen.

„Alles unter einem Dach“ …

…so der stellvertretende Bürgermeister  Norbert Mahlberg in seiner herzlichen Willkommens- und Eröffnungsrede an die Damen. Man wolle den Frauen ihre Möglichkeiten nahebringen, sich über ihre Möglichkeiten zu informieren, ohne alle Schulen im Kreis und in Bonn abfahren zu müssen, um ein passendes Angebot für sich zu finden. Denn im Normalfall müssen sie im Anschluss noch nach Troisdorf, Siegburg und Königswinter zu den behördlichen Verwaltungen fahren, um herausrauszufinden, ob ihnen die Nutzung der Angebote überhaupt ermöglicht werden kann. Das gesamte Angebot gibt es zusammen an diesem Berufsinformationstag.

Frauke Fischer, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Königswinter, gab im Anschluss noch viele Informationen zu Gleichberechtigung und Gleichstellung in Beruf und Ausbildung. Sie gab den Frauen zudem einige Hinweise zu den Möglichkeiten der Organisation von Familie und Beruf mit und erläuterte Chancen der Teilzeitausbildung oder die Weiterbildung in Modulen.

„Ich bin dankbar, dass ich in Deutschland menschenwürdig leben kann.“ – Drei Frauen und ihre Geschichten

Sabine Bembenek von der Stabsstelle Integration & Flüchtlinge der Stadt Königswinter sprach im Interview mit drei Frauen zu ihrer Situation in Deutschland:

Maryam Moradi (33), aus Afghanistan, sprach anderen Frauen Mut zu, indem sie offen ihre Geschichte erzählte. Sie wurde als 12 Jährige an ihren Ehemann verkauft, mit dem sie im Dezember 2015 nach Deutschland kam. Ihre Kinder sind bei ihr, sie lebt heute getrennt, ist glücklich und befreit, arbeitet zufrieden in einem Minijob in einem Café in Königswinter. „Es geht immer irgendwie“, sagt sie, „wenn Du nur willst. In Deutschland kannst Du frei sein“. Den Tschador hat sie abgelegt.

Die fröhliche Englischlehrerin Amal Bayazeed (37) kam mit ihrem Mann und Sohn Fuat aus Syrien nach Deutschland. Da sie in Deutschland nicht als Lehrerin arbeiten kann, weil ihr Studium nicht 1:1 anerkannt wird, will sie es nochmal wissen und startet eine Ausbildung als Erzieherin. Ihre 900 Stunden Pflichtpraktikum hat sie schon in der Kindertagesstätte Sankt Franziskus in Königswinter angefangen. Vorher habe sie immer mit größeren Kindern und Jugendlichen gearbeitet. „Aber es macht mir sehr viel Spaß mit den Kleinen“, sagt sie.

Ganz anders ist es bei Münevver Akgül (35) aus der Türkei. Die Philologin hat ein Diplom in Amerikanistik Sprache & Kultur, einen Abschluss in Pädagogischer Bildung für das Lehramt sowie ein Studium zur Englischlehrerin abgeschlossen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn, der jetzt eingeschult wird, in Königswinter. Seit sie im Dezember 2017 ihren ersten Deutschkurs machen konnte, ist sie mit Ehrgeiz bei der Sache und hat im September 2018 das Sprachniveau C1 erreicht. Sie möchte unbedingt wieder unterrichten. Ihr Weg führt sie über eine Tätigkeit in der Offenen Gesamtschule (OGS) in Königswinter. So gewöhnt sie sich an den Schulalltag und lernt fleißig weiter Umgangssprache und Fachausdrücke, aber auch die Unterrichtsinhalte kennen. „Sie müssen Deutsch lernen, um den Weg zu schaffen. Dann öffnen sich die Türen“, sagt sie den vielen Frauen im Saal voller Nachdruck und Optimismus.

Sheno Ahmadi hielt selbstbewusst eine Rede. Die kurdische Iranerin, die 2015 nach Deutschland kam, spricht fließend persisch, kurdisch und arabisch. In ihrem Land sei sie als Kind sehr glücklich gewesen, erzählt sie in einem schon sehr guten Deutsch. Aber es wurde schlimmer, sie wurde unterdrückt und misshandelt. Ihr Vater wurde vom Regime inhaftiert, gefoltert und ermordet. Sie floh mit ihrem kleinen Sohn in die Berge, kämpfte für Freiheit und Unabhängigkeit. Im Iran habe sie immer gearbeitet, erzählt sie. Bis es verboten wurde.
Warum sie ihr Land verlassen habe? Im Iran, so sagt sie, ist die Regierung seit 40 Jahren eine  Diktatur. Sie konnte nicht mehr in Frieden leben, denn sie habe ihre Meinung vertreten, sich politisch engagiert. Wurde immer wieder verhaftet. Bis sie floh. Ihren Sohn musste sie zurücklassen. Sie kam auf einem beschwerlichen, für Frauen unwürdigen Weg nach Deutschland und setzt sich nach wie vor für die Rechte und freie Meinungsäußerung im Iran ein. Sie engagiert sich in der sozialen Arbeit, mit Kindern und als Sprachmittler, hilft ausländischen Frauen. Und ist glücklich, in einer echten Demokratie leben zu können. Mit dem Recht, ihre Meinung äußern zu dürfen. „Ich bin dankbar, dass ich in Deutschland menschenwürdig leben kann.“

Was sie sich für die Zukunft wünscht? Im dritten Anlauf ihre B1 Deutschprüfung schriftlich zu schaffen, damit sie endlich Busfahrerin werden kann. Das ist ihr Traum.
Bei einer Einladung in den Landtag NRW und einer Fotoausstellung der Asylsuchenden aus Königswinter traf sie die Abgeordnete Berivan Aymaz (Bündnis90/Die Grünen, Sprecherin für Integrationspolitik, Flüchtlingspolitik und Internationales). Sie haben sich versprochen, wenn Frau Ahmadi als Busfahrerin arbeitet, fahren sie einmal zusammen. Um das zu erreichen, macht Frau Ahmadi ihren dritten Deutschkurs. Nebenbei jobbt sie im Minijob in Köln in einer Pizzeria. Aufgeben? Für Frau Ahmadi keine Option.

Markt der Möglichkeiten

Im Anschluss konnten sich die Frauen von dem Königswinter Fotografen Guido Bach für ihre Lebensläufe ablichten lassen. Mehr als 60  Frauen meldeten sich dazu an. Auch die Möglichkeit, sich bei der Erstellung von Lebensläufen helfen zu lassen, folgten die Damen mit rund 40 Anmeldungen.

15 ehrenamtliche Integrationshelfer der Stadt kümmerten sich um einen runden Ablauf der Veranstaltung, organisierten das Kaffee- und Kuchenbuffet ebenso reibungslos wie die Registrierung für die Unterstützung für Fotos und beim Lebenslauf.

Parallel fanden sich auf dem „Markt der Möglichkeiten“ Schulen wie die VHS Siebengebirge Königswinter/Bad Honnef, der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe e.V., der Verein LerNet Bonn/Rhein-Sieg e.V., die Euro-Schulen Bonn/Rheinland GmbH, die ARS Abendrealschule Bonn, die  BERNARDS AKADEMIE GmbH und VESBE e.V. Verein für Europäische Sozialarbeit, Bildung und Erziehung mit ihren vielen Angeboten zur Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung, sowie einem vielfältigen Angebot an Deutschkursen. Aber auch die Behörden waren als Ansprechpartner gerne zur Stelle und so fanden sich Kollegen vom Integration Point, von der  Bundesagentur für Arbeit und dem  Jobcenter in Königswinter gleichermaßen ein.

Für junge Frauen bis 27 Jahre stand Jane Peterson vom Jugendmigrationsdienst Frage und Antwort. Auch das Kommunale Integrationszentrum des Rhein-Sieg-Kreises kam mit Frau Gülten Sahin-Jes und Sprachmittlern zur Übersetzungshilfe und fördert die Veranstaltung finanziell. Die Familien- und Erziehungsberatungsstelle Königswinter/Bad Honnef war ebenfalls mit einen Stand vertreten und stellte ihr Angebot in mehrsprachigen Flyern vor.

Ehrenamtliche Angebote

Natürlich durften auch die Stände des Ehrenamtes mit ihren vielfältigen Angeboten nicht fehlen: So fanden sich neben dem Lotsenpunkt der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Königswinter am Oelberg selbstverständlich auch das Netzwerk Integration Königswinter (NIK) und das Forum Ehrenamt ein. Den meisten der Damen in Königswinter sind die Organisationen durch das große Frauenangebot (NIK Frauencafé, Forum Ehrenamts Frauenfrühstück FRIDA; allgemeine Frauentreffen uvm.) bekannt.

Da aber auch viele Frauen außerhalb Königswinters die Messe besuchten, konnten sie hier zusätzliche Kontakte knüpfen, sich weiter vernetzen und von den Angeboten profitieren.

Die Kurdische Gemeinschaft Rhein-Sieg/Bonn e.V. stellte ebenfalls ein rundes Angebot an Sprache und Unterstützung für Frauen und andere Asylsuchende vor.

Selbst der Kölner Flüchtlingsrat e.V.  war mit einem Stand vertreten, was die Teilnehmer und Veranstalter besonders freute.

Fazit

Die Veranstaltung übertraf die Erwartungen aller Anwesenden und Organisatoren um ein Vielfaches. „Wir sehen uns nun nur bestätigt, wie groß der Bedarf an Information und Unterstützung ist“, so Sabine Bembenek im abschließenden Gespräch mit den rundum zufriedenen Ausstellern.