Leichtatheltik-WM in Doha: Empfang für die Bronze-Gewinnerin Konstanze Klosterhalfen aus Königswinter-Bockeroth

Nach dem Gewinn der Bronzemedaille über 5000 Meter bei der Leichtathletik-WM in Doha wurde Koko von rund 150 Menschen in die Aula Oberpleis empfangen, um Koko zu feiern. Auch die Köbesse waren gekommen, um die Feier musikalisch zu untermalen. Konstanze Klosterhalfen trug sich ins Goldene Buch der Stadt Königswinter ein.

Vor dem Empfang hatte die Stadt Königswinter über die sozialen Medien dazu aufgerufen, Fragen an Koko zu senden, die vor Ort in einem Interview beantwortet werden. Konstanze Klosterhalfen sprach mit dem Moderator Stephan Unkelbach über das Rennen, Fairplay und wie es nach der WM weitergeht:


SU: Koko, du hattest in den letzten Tagen, das gefühlt  100. Interview. Macht es noch Spaß?

Koko: Doch war schon viel los, aber es ist super schön, dass sich so viele für mich freuen und jetzt auch hier sind.

SU: Die erste Frage an dich ist; warum so viele Läufer aus Bockeroth kommen. Ist das eine Laufmetropole? Letztens hat mir jemand gesagt: „Was willst du da sonst machen, außer laufen?“ *Gelächter im Publikum* Aber das ist zu hart, oder?

Koko: Ich glaube es kommen so drei Busse am Tag *Gelächter im Publikum*

SU: In meiner Jugend gab es am Sportplatz noch einen Grillplatz, wo wir ab und zu Party gemacht haben. Gibt es den noch?

Koko: Ja, aber bis man zum Sportplatz kommt sind es auch noch mal so 3 km.

SU: Ok, also das heißt, alleine wer Sport machen will, muss schon 3 km laufen, sozusagen, weil der Bus nicht mehr fährt.

Wir hatten schon im Vorfeld u.a. bei facebook Fragen gesammelt und ich habe mir ein paar herausgesucht, die ich nun stellen möchte.

Was mir im aufgefallen ist, als ich das Rennen live geguckt habe, ist die Brutalität, die in so einem 5000m-Rennen herrscht. Man denkt ja immer, es wäre so eine Sportart, wo man einfach seine Runden dreht, also eine Null-Kontakt-Sportart – das habe ich jetzt gelernt ist nicht so. Es gibt viel Treterei, Schubserei, blutige Knie hast du gehabt, Spaltnägel von anderen Leuten bei dir in den Knien usw. Kann man sowas trainieren?

Koko: Ja also man merkt auf jeden Fall, wenn es dann auf internationale Bühne geht, dass da dann keine Rücksicht mehr genommen wird, aber wir haben auf jeden Fall viel an der Stabilität gearbeitet und haben wirklich Boxen im Training integriert, deshalb hilft das auch sicher, um stabil zu bleiben.

SU: Es geht mehr darum, einfach das Gleichgewicht zu halten, wenn man von links oder rechts gerempelt wird und um einfach nicht umzufallen, denn dann ist das Rennen vorbei. Das kann man trainieren, aber es ist nicht so, dass jetzt einer deiner Trainer dir permanent vors Knie tritt, oder von hinten in die Hacken beim Laufen und sagt: „Lauf weiter, Konstanze!“, so ist es nicht?

Koko: Nee, so ist es nicht.

SU: Ok, also Barren gibt es beim 5000m-Lauf noch nicht. Gut zu wissen.

Der Dietmar hat uns eine Frage geschickt, die passt ganz gut dazu: „Wie können die Verursacher von den Wunden, die Sie, aber auch andere an den Beinen erhalten haben, bestraft werden? Beim Autorennen gibt es zum Beispiel Kommissare, die das Verhalten der Fahrer untersuchen und dann die entsprechenden Strafen aussprechen.“  Gibt es in der Leichtathletik eher nicht, oder?

Koko: Nein, also es gibt schon Disqualifikationen oder so, und auch wenn man in den Innenraum tritt oder irgendwie jetzt wirklich einen aufhält, also, ich weiß jetzt nicht, ob die es extra machen, aber eigentlich soll man ja davon ausgehen, dass die es nicht extra machen, und deshalb gibt’s da auch keine Strafen für blutige Knie.

SU: Also das heißt es ist so, dass man disqualifiziert werden kann am Ende, aber das nützt nur dir nichts, weil du dann vorher ausgeschieden bist und du dann nichts mehr von hast. Das ist aber die einzige Strafe, die es gibt.

Das heißt, wir gehen davon aus, ich bin ja auch nur Zuschauer, aber wenn ich das so sehe, du im Pulk von drei Kenianerinnen, da wäre es ja eigentlich das Leichteste für die dritte Kenianerin, dir von hinten die Beine wegzuholen, dann wird sie zwar disqualifiziert, aber die anderen beiden gewinnen. Sowas, davon gehen wir erst mal aus, gibt es nicht im Profisport. Hoffen wir zumindest.

Koko: Ja genau, man soll ja auch immer an Fairplay denken.

SU: Wir glauben an das Gute im Menschen.
Ebene ist schon Oliver Mintzlaff angesprochen worden: Er hat sich sehr früh um dich gekümmert. „Was hältst du“ fragt Jean-Pierre „ von der Kooperation mit Oliver Mintzlaff: Hat er viel dazu beigetragen, dass du jetzt auf diesem WM-Niveau bist?“

Koko: Ja, auf jeden Fall! Also ich glaube, als ich ihn das erste Mal getroffen habe, wusste ich noch nicht so ganz, was das Ganze soll. Und dann bin ich ein paar Mal mit ihm Laufen gegangen und dann hat er auf jeden Fall sehr viel dazu beigetragen, dass ich jetzt auch den Schritt nach Amerika machen konnte, und jetzt in diesen sehr professionellen Teams bin und das Team um mich rum habe als Unterstützung und das alles sorgenfrei machen kann. Da bin ich sehr dankbar für.

SU: Eine Sache, die mir noch aufgefallen ist, schon beim Live-Gucken und heute wieder; diese letzten 400m. Das hat ja mit Langstrecken- bzw. Mittelstreckenlauf eigentlich nichts mehr zu tun. Da mit Punkt über die Ziellinie ist das ein einziger Sprint. Die letzte Runde unter einer Minute – ich weiß gar nicht,  58-irgendwas für dich. Hat man da noch irgendetwas im Kopf, kann man da noch irgendwas denken? Oder ist da das Einzige, was man denkt: Lauf, lauf, lauf? Weil wie gesagt, die meisten von uns könnten das keine einzige Runde in 58 Sekunden laufen! Du nach 4600 Metern. Was geht einem da durch den Kopf?

Koko: Ich glaube das Rennen war jetzt sogar noch relativ schnell für ein 5000m-Rennen, aber manchmal ist es ja wirklich so, 4600 ist Einlaufen und dann kommt´s halt in der letzten Runde drauf an. Es war halt wirklich ein guter Rhythmus bis 4600 und dann war ich eigentlich wirklich programmiert auf dieses Zucken und Obiri hat ja dann gezuckt und dann wusste ich, einfach nur noch laufen, laufen, laufen im Kopf und hab glaub ich nicht mehr viel gedacht.

SU: Was mich sehr  stolz gemacht hat ist, normalerweise ist das ja genau die Stelle, wo alle aus Europa oder mit heller Hautfarbe einfach sofort, innerhalb von 50 Sekunden 50 Meter hinten liegen und du bist bis zu 4900 Meter immer noch neben ihr hergelaufen. Das was sensationell! Das hat man so, für eine Deutsche oder Europäerin,  noch nicht gesehen. Aber das sind so Geschichten, die machen einen stolz. Wir haben es eben gehört „Bockeroth gegen Kenia“: Machen einen solche Sätze stolz?
*Gelächter*

Koko: Ja, das war schon Wahnsinn! Ich habe das ja vorher selber noch gar nicht gesehen. Und die Kommentare natürlich auch nicht im Rennen. Das ist schon irgendwie cool, dass man da noch hinten mitlaufen kann. Das war eigentlich das beste Gefühl, das hat mich im Zieleinlauf erst mal mehr gefreut, bis ich dann realisiert habe, dass ich eine Medaille habe.

SU: Du hast dich dann einmal kurz umgedreht, so bei 80 Metern oder 60 Metern. Da hat man gemerkt, jetzt wäre es auch schön, wenn es gleich vorbei wäre. Da hast du ein bisschen geguckt, ok, Gold, das kann ich nicht holen. Wird’s denn Bronze?  Da hast du schon gedacht: „Hoffentlich ist bald Schluss“?

Koko: Ich hab mich noch mal umgedreht, um zu sehen, wie weit die Vierte weg war, weil da ging wirklich nicht mehr viel. Ich habe vielleicht noch mal gedacht, ach hätte ich doch noch was dranbleiben können, aber es ging nicht mehr. *lacht*

SU: Also da hat von uns jetzt keiner gedacht, dass du da jetzt langsam geworden bist.
Es gibt eine Frage aus dem Publikum:

Bürgermeister Wirtz: Es gibt eine Frage aus dem Publikum, die mich auch interessiert: Wie hoch ist denn der Puls im Rennen und nach der Schlussrunde?

Koko: Oh ja, also das hab ich noch nie gemessen. Ich glaube eigentlich im Rennen war ich ziemlich ruhig und dann vielleicht so 10 Meter bevor es dann losging, glaub ich am höchsten, weil ich die ganze Zeit gedacht habe: „Jetzt geht’s gleich los! Jetzt konzentriere dich usw“. Ich glaube, da war ich am aufgeregtesten. Oder vielleicht noch 2 Runden vor Schluss, weil da wollte ich eigentlich schon Loslaufen und so.

SU: Ok, also auch das Lampenfieber logischerweise bei Läuferinnen und Läufern.

Florian, 4 Jahre alt, hat uns auch noch eine Frage geschickt: Er fragt, ob du einen Glücksbringer hast. Ein Kuscheltier oder ein Glücksstein  für deine Rennen und wie viele Pokale und Medaillen du schon gewonnen hast.

Koko: Oh ja, also Glücksbringer, also indirekt, ich nehme wirklich immer mein Kuscheltier mit auf Reisen. Und ich habe hier so ein paar Bänder von meinen Freunden, die habe ich halt einfach so dabei. Das gibt einen dann Sicherheit wenn man weit von zu Hause weg ist. Pokale und Medaillen weiß ich gar nicht. Ich hab so einen kleinen Schrank, da stelle ich immer alles drauf. Da stehen auch noch meine allerersten Sporterfolge vom Tennis oder der Pokal von den Kreismeisterschaften im Hochsprung. Das war so mein erster. Es sind ein paar. (…)

SU: Alle verbunden mit eigenen Erinnerungen und wir hoffen, dass da noch ein paar dazukommen. Platz wäre noch im Schrank?

Koko: Den mache ich dann, ja! *lacht*

SU: Den Benjamin haben wir noch – der ist schon 2 Jahre älter. Benjamin ist 6 und möchte gerne wissen, wieso du so viel Freude am Laufen hast? Außerdem fragt er dich, ob deine Eltern manchmal geschimpft haben, wenn du nicht zum Training wolltest? *Gelächter im Publikum*

Koko: Also erst mal; geschimpft haben meine Eltern nicht! Das war eher andersrum, ich wollte eher immer ein paar Mal öfter zum Training gehen. Aber das war ja oft immer mit vielen Fahrten verbunden. Also eher das Gegenteil.

SU: Also sie brauchten nicht schimpfen, weil sie immer zum Training gegangen ist. Von daher hat sich die Frage schon mal geklärt.

Koko: Laufen ist immer mehr zu meiner Leidenschaft geworden. Das ist irgendwie ein tolles Gefühl, wenn man läuft und ich mag auch die Geschwindigkeit, wenn es dann schneller wird. So das ganze Drumherum mit Training und meine Gruppe. Das ist so ein Gesamtbild, was ich nicht mehr missen möchte.

SU: Ich habe gehört, in einem der tausend Interviews, die du gegeben hast: Aktuell darfst du nicht laufen! Wäre das ungefähr so, als wenn mir einer das Reden verbieten würde?

*Gelächter im Publikum*

Also man wacht auf und sagt so: „Was mach ich denn heute eigentlich den ganzen Tag?“ Ist das so ein Moment? Oder kann man das ein bisschen genießen?

Koko: Nee, also vor allem gerade als ich das Video gesehen habe, das war, hab ich ja schon gesagt, ich freue mich schon, ich habe ja jetzt glaub ich noch 6 Tage, dann darf ich wieder. Habe ich mir schon eingetragen.

SU: Jonathan ist 9 und möchte wissen, was für dich wichtiger war: Schule oder Laufen? *Gelächter im Publikum*

Koko: Das ist natürlich jetzt ein bisschen kritisch, weil ich gerade in meiner alten Schule bin mit ganz vielen Lehrern und so. *lacht* Aber man muss ja schon Prioritäten setzen…

SU: … du musst natürlich jetzt die Frage auch so beantworten, dass ein 9-jähriger heute nach Hause geht und morgen nach wie vor zur Schule will.
*Gelächter im Publikum*

Koko: … also ich sag so – es war für mich immer wichtig auch in der Schule gut zu sein und vor allem das Abi zu machen und auch jetzt noch mein Studium voranzubringen. Da hat auch meine Mutter drauf geachtet, dass das immer klappt. Aber ich glaub schon, dass Laufen immer an erster Stelle stand.

SU: Jonathan möchte dich gerne mal live laufen sehen und er möchte wissen, wann du wieder 2020 in Deutschland startest?

Koko: Das kann ich jetzt leider noch nicht sagen. Ich hoffe, dass ich auch ein paar Wettkämpfe hier im Umfeld machen kann. Also ich werde auf jeden Fall auch hier in der Halle laufen, da ist in Karlsruhe ein Wettkampf. Das kann ich aber noch nicht genau sagen. Aber ich denke auf jeden Fall bei den Deutschen Meisterschaften, die sind einmal in der Halle in Leipzig und im Sommer wieder – ich weiß gar nicht wo genau – ich glaube in Braunschweig. Da werde ich auf jeden Fall dabei sein.

SU: Ok, also müsst ihr nach Braunschweig kommen, um dich zu sehen. Dann fragt Jonathan noch, ob es auch mal Freizeit gibt in deinem Leben? Ich hoffe, die Frage beantwortest du jetzt mit „Ja“, ich denke mal, du willst nicht 24 Stunden laufen?

Koko: Auf jeden Fall! Es ist ja wichtig einen Ausgleich zu haben. Dann freue ich mich auch darauf etwas mit Freunden zu machen oder andere Sportarten auszuprobieren, oder einfach mal shoppen zu gehen, oder mit der Familie zu sein. Also da bleibt auch noch Zeit für.

SU: Eine letzte Frage: Was hast du in den nächsten Wochen, Tagen geplant? Wie geht’s weiter für dich?

Koko: Morgen fliege ich in den Urlaub. Da freue ich mich schon sehr drauf! Und dann darf ich erst im Urlaub wieder laufen.

SU: Es geht auch wieder in die Nähe zurück, wo du jetzt deinen größten Erfolg gefeiert hast?

Koko: Ja nach Dubai und das ist auch ganz schön, weil so viel habe ich ja auch nicht gesehen wenn ich da meinen Wettkampf hab. Und jetzt noch mal die Kultur in einer anderen Situation zu erfahren, da freue ich mich schon drauf.

SU: Und da darfst du dann wieder laufen. Und wenn du aus dem Urlaub wieder zurück bist sind wir alle sehr, sehr, sehr gespannt, wie das mit dir weitergeht in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren vor allen Dingen! Es war sehr schön, dass du heute hierhin gekommen bist zu uns!